Boxentraining

box2„Ich sperr doch meinen Hund nicht ein!“

schallt es regelmäßig voller Empörung, wenn – aus welchem Grunde auch immer – vorgeschlagen wird, einen Hund an den Aufenhalt in einer Box zu gewöhnen.
Einmal abgesehen davon, dass natürlich nicht daran gedacht ist, den Hund einfach in die Box zu stecken und ihn dann stundenlang darin brummen zu lassen ... was eigentlich empört uns so daran?
Wenn das Hundeleben gut beginnt, dann tut es das in einer Wurfkiste, die die Welpen nicht verlassen können. Werden sie mobil, stellen viele Züchter Welpenlaufställe in ihrem Wohnzimmer auf, oder bieten den Welpen den – selbstverständlich eingezäunten! – Garten an.
Für die allermeisten Welpen ist also die Erfahrung, dass ihrem Bewegungsspielraum und Tatendrang Grenzen gesetzt werden, durchaus nichts Neues.
Wir sperren unsere Hunde in unseren Wohnungen ein, obwohl sie vielleicht viel lieber mit ein paar Hundekumpels umherstreifen würden, wir umzäunen unsere Gärten ausbruchsicher (je gründlicher, desto größer die Freiheitsliebe unseres Hundes ist) und wir halten sie vor allem dann an einer kurzen Leine, wenn sie selber sehr viel lieber etwas anderes täten.
All das bereitet uns keine Probleme.
Warum also die Box?

Unsere Kinder legen wir zum Schlafen in Gitterbetten. Wir schnallen sie an tragbaren Wiegen fest.
Da wird kein Aufschrei laut ...
Aber wir sperren unsere Hunde nicht in Boxen!

Vielleicht weil wir wissen, dass wir die (Bewegungs)freiheit unserer Hunde in vielerlei Hinsicht einschränken und daher möchten, dass sie sich wenigstens im Haus frei bewegen können sollen. Jedenfalls, so lange sie nicht gelernt haben, den Kühlschrank zu öffnen ...
Vielleicht auch, weil wir an den Zimmerarrest denken müssen, der früher als probates Mittel galt, Kinder zu bestrafen. Hunde jedoch werden nicht zur Strafe in ihre Box geschickt, sondern haben diese im Gegenteil als angenehmen Ort kennen gelernt. Auch ist Einsperren in aller Regel mit sozialer Isolation verbunden und für viele Hunde bietet erst eine Box die Möglichkeit, streßfrei dabei zu sein. Ehrlich gesagt habe ich keine Ahnung, warum sich ausgerechnet an der Box die Gemüter so dermaßen erhitzen. Und es ist ja auch nicht das eigentliche Thema dieses Textes.
Um sich dem Thema aber unbefangen nähern zu können, würde ich mir wünschen, die empörten Aufschreie wären für's erste verstummt.

Wozu also soll so eine Box gut sein?

  • Sie kann – wenn Sie zum Beispiel Ihren hochkreativen Junghund einmal 5 Minuten nicht im Auge haben können – diesen daran hindern, liebgewordenen Teile Ihrer Wohnungseinrichtung zum Kauspielzeug umzufunktionieren.
  • Sie kann aber auch Ihren uneinsichtigen Besuch daran hindern, Ihren Hund zu bedrängen und tätscheln zu wollen, obwohl Sie mehr als deutlich gemacht haben, dass Sie das nicht möchten.
  • Sie kann Ihrem überdrehten Hund helfen, zur Ruhe zu kommen.
  • Sie kann ein Ort der Sicherheit sein, an den Ihr ängstlicher Hund sich zurückziehen kann.
  • Hat Ihr Hund ein Problem mit Besuchern, kann eine Box das Management sehr erleichtern.
  • Hat Ihr Besuch Angst vor Hunden, können so dennoch alle in einem Raum sein.
  • Bei der Zusammenführung mehrerer Hunde kann es enorm helfen, wenn jeder seinen sicheren Rückzugsort hat.
  • Sie ist ein mobiles Zuhause wie ein Wohnwagen: Sollten Sie Ihren Hund einmal an einem fremden Ort (z.B. Hotelzimmer) alleinlassen müssen, wird er sich darin sehr viel sicherer fühlen.
  • Sie müssen sich keine Gedanken über Servicepersonal machen, welches womöglich Angst vor Hunden hat. Und sie müssen sich auch nicht fragen, ob Ihr Hund womöglich das Zimmer gegen den Roomservice wird verteidigen wollen ...
  • Last not least: Wenn Sie Ihren Hund im Auto transportieren wollen, dann sollte er entweder angeschnallt (=gefesselt!) sein, oder sich hinter einem Schutzgitter im Heck aufhalten (wo er auch nicht mehr Platz hat). Oder eben in einer Box ...

Welche Box für welchen Zweck?

Stoffboxen sind leicht und lassen sich (wenn sie gut sind) mit wenigen Handgriffen auf und abbauen und flach zusammenlegen, so dass man sie mit einer Hand tragen kann. Sie eignen sich ideal als „mobile home“, sind aber nicht für den Transport im Auto geeignet (es sei denn, es gelingt, sie sicher darin zu befestigen). Ein gelangweilter Junghund benötigt zum Schreddern einer Stoffbox keine fünf Minuten.
Hartplastikboxen eignen sich für den Transport in Auto und Flugzeug, sind leicht zu reinigen und nahezu „unkaputtbar“, allerdings ist die Luftzirkulation nicht sonderlich gut.
Metallkäfige erinnern Menschen an Gefängnisse, vereinen aber die Vorteile von Plastik- und Textilboxen: Sie lassen sich flach zusammenlegen, sind luftig und dennoch nicht kaputtzukriegen.

Größe und Standort der Box

Bitte suchen Sie die Box nicht danach aus, dass sie in die Ecke neben dem Sofa, oder unter den Beistelltisch passt! Wenn Ihr Hund nicht darin sitzen kann, ohne den Kopf einzuziehen, ist sie zu klein!
Der Standort sollte so gewählt sein, dass Ihr Hund darin zur Ruhe kommen kann, also gerne auch so, dass nicht ständig jemand daran vorbeiläuft. Der Hausflur mit Gästetoilette mag vielleicht praktisch erscheinen, erfüllt diese Kriterien jedoch eindeutig nicht.

Gewöhnung an die Box

Viele Hunde schätzen den Höhlencharakter einer Box und suchen diese von sich aus auf – vor allem, wenn ihre Kuscheldecke dort schon auf sie wartet.
Hartplastik- und Gitterboxen haben häufig einen Einlegeboden, der scheppern kann, wenn der Hund darauftritt – bitte unbedingt ein Handtuch oder eine Decke unterlegen, damit Ihr Hund sich nicht erschreckt! Bitte sichern Sie zu Anfang auch die Tür der Box, damit diese nicht unverhofft zuschlagen und Ihren Hund erschrecken kann.

Ist Ihr Hund Neuem gegenüber nicht gar so aufgeschlossen, kann die Box auch erst einmal ein paar Tage lang im Wohnzimmer stehen, ohne dass ihr große Beachtung geschenkt wird.

Um das Einsteigen in die Box zu üben, können Sie zum Beispiel einzelne Futterbröckchen hineinwerfen, oder aber Ihren Hund mit einem Futterbröckchen in der Hand dirigieren. Ist er skeptisch, reicht es, wenn er zunächst in die Nähe der Box geht.
Häufig bleiben die Hinterpfoten „vorsichtshalber“ draußen stehen ...
Wenn Sie Ihren Hund mit Futter dirigieren können (er also gelernt hat, ihrer Hand zu folgen wenn Sie ein Futterbröckchen darin halten) und er kein Problem mit großer körperlicher Nähe hat, lohnt der Versuch, ihn in der Box zu wenden: Sie führen ihn bis zur Rückwand, lassen ihn dort sozusagen einen U-Turn machen, führen ihn zurück zur Boxentür und belohnen ihn dort.
Alternativ können Sie (soweit Sie eine Hartplastik- oder Gitterbox verwenden) ein Schweineohr (die haben meist ein Loch von der Ohrmarke) an der Rückwand festbinden, so dass Ihr Hund es nicht wegtragen kann: Irgendwann ist es gemütlicher, die Hinterläufe zu Knabbern in die Box zu holen ...
Eine etwas größere Box hilft natürlich auch: Einer meiner Pflegehunde, ein kleiner Pinscher, mochte die ihm zugedachte Box nur unter großem Widerstreben aufsuchen. Die große Box dagegen, in der man bequem ein Pony hätte abstellen können, fand er gerade richtig ...
Handelt es sich bei Ihrem Hund um einen Welpen, sind solche Stoffboxen gut geeignet, die sich auch oben öffnen lassen: Wird er schläfrig, legen Sie ihn vorsichtig von oben in die (ansonsten geschlossene) Box. Bitte lassen Sie ihn so jedoch nicht allein, sondern seien Sie zur Stelle um ihn aus der Box zu heben, sobald er ausgeschlafen hat. Sofern Ihr Welpe nicht bei Ihnen im Bett schläft (was Sie ganz und gar nach Ihrem Gusto entscheiden können: Wenn Sie Ihr Bett gern mit ihrem Hund teilen, ist das absolut okay! Wenn Sie es lieber für sich allein haben, auch!) kann die Box nachts neben Ihrem Bett stehen, so können Sie ihn streicheln, falls er sich einsam fühlen sollte, bekommen aber auch mit, wenn er unruhig wird, weil er mal muß.

Er will da nicht rein!

Manche Hunde finden Boxen einfach gruselig ...
Mit langem Hals ein paar Futterbröckchen hinausangeln, mag noch angehen, aber hineingehen? No way!
Wie bereits erwähnt, kann für den Anfang eine sehr große Box hilfreich sein.
Viele Hunde finden – sehr im Gegensatz zu Menschen – Gitterboxen angenehmer, da sie einen freien Blick in alle Richtungen gewähren. Soll der Hund zur Ruhe kommen, kann man sie später immer noch mit Laken abdecken.
Sowohl Gitter- als auch viele Textilboxen, lassen sich an mehreren Stellen öffnen und können zu anfang als eine Art Tunnel genutzt werden.
Bei Hartplastikboxen kann man den oberen Teil abnehmen und zunächst den unteren als Körbchen nutzen.
Sie können Ihrem Hund auch beibringen, auf ein Signal hin auf eine Decke zu gehen, wofür Sie ihn stets fürstlich belohnen. Dann wandert Zentimeter für Zentimeter die Decke in die Box ...
Lassen Sie sich und Ihrem Hund Zeit! Je wichtiger es Ihnen ist, dass er ES endlich kapiert, desto mehr hemmen Sie ihn möglicherweise: Ihm entgeht ja nicht, dass Sie das Ganze auch sehr aufregend finden.
Vielleicht legen Sie einfach mal eine dicke Scheibe Blutwurst in die Box und verlassen den Raum ...

Er geht rein – und nun?

Wenn Ihr Hund ohne großes Zögern mit allen vier Pfoten in die Box geht, können Sie dies mit einem Signal belegen, indem Sie – unmittelbar bevor er hineingeht – „Box“ (oder ein anderes Signal Ihrer Wahl) aussprechen. Bei einem Welpen, den Sie noch in die Box legen, sprechen Sie das Signal einfach in diesem Moment aus.
Benennen Sie ruhig auch den Moment, in dem er die Box wieder verläßt (z.B. „aussteigen“).
Wenn Sie dies einige Male geübt haben, geben Sie das Signal bevor das Futterbröckchen in die Box kullert. Lassen Sie Ihren Hund ruhig einen Moment lang „nachdenken“! Wenn er gar nicht auf des Rätsels Lösung kommt, versuchen Sie, ihn mit der leeren Hand in die Box zu locken. Klappt es gar nicht, gehen Sie ein paar Trainingsschritte zurück und üben Sie so weiter.
Wenn Ihr Hund Clicker oder Marker kennt, nutzen Sie diesen.

In der Box verweilen

Geben Sie Ihrem Hund einen gefüllten Kong oder ein Stück Dörrfleisch (z.B. Rinderkopfhaut), das ihn einige Zeit beschäftigen wird. Während dieser Zeit können Sie die Box schließen. Für den Anfang genügt es, wenn die Türe gerade solange geschlossen wird, dass er dies zur Kenntnis nimmt. Später kann die Box verschlossen bleiben, bis er mit seiner Leckerei fertig ist. Wenn Sie sich während dieser Zeit von der Box wegbewegen können, ohne dass er unruhig wird, tun Sie das, lassen Sie ihn aber bitte nicht ganz allein.
Im nächsten Schritt bitten Sie Ihren Hund in die Box wenn er sowieso müde ist und ruhen möchte. Schließen Sie die Box und bleiben Sie in unmittelbarer Nähe (ggf. direkt vor der Box). Lesen Sie ein Buch, machen Sie Entspannungsübungen oder ebenfalls ein Nickerchen.
Ruht er entspannt, können Sie beginnen, sich auch dann von der Box zu entfernen, wenn er nichts zu knabbern hat.
Es ist okay, ihm den Aufenthalt in der Box mit einer Knabberei zu „versüßen“, er sollte jedoch nicht verknüpfen, dass es in der Box immer etwas geben muss.

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Er soll da freiwillig drinbleiben!

Viele Hunde suchen ihre Box von sich aus auf, wenn sie ihre Ruhe haben möchten und schaffen es auch in spannenden Situationen, in der offenen Box zu verweilen, bis sie das Signal zum „aussteigen“ erhalten. Anderen dagegen hilft, auch wenn das zunächst seltsam klingen mag, die geschlossene Box, sich zu entspannen: Wenn die Frage „soll ich, oder soll ich nicht?“ sich nicht mehr stellt, kann man sich ebenso gut hinlegen. Sollten Kinder im Krabbelalter anwesend sein, schützt die geschlossene Box nicht nur die Kinder vor dem Hund, sondern in erster Linie den Hund vor neugierigen Kinderhänden. Und spätestens im Auto oder im Flugzeug stellt die Frage sich nicht mehr. Wenn Ihr Hund kleinschrittig gelernt hat, dass die Box immer mal wieder eine zeitlang geschlossen wird, wird er kein Problem damit haben.

Je nach Hund werden Sie Trainingsschritte lediglich streifen oder ganz überspringen können. Vielleicht müssen Sie aber auch sehr lange und geduldig üben und viele Umwege machen.
Sollte Ihr Hund nur schwer zur Ruhe kommen, Ihnen auf Schritt und Tritt folgen wollen, oder ein Problem mit dem Alleinsein haben, kann das Training zu Anfang recht schwierig erscheinen.
Bitte zögern Sie in diesem Fall nicht, sich an eine/n TrainerIn zu wenden!

NACHTRAG und WICHTIGER HINWEIS

Gemäß §6 Absatz 2 der Tierschutz-Hundeverordnung ist es nicht gestattet, einen Hund in einer Hundebox zu halten.
Ob und inwieweit eine zeitweise Unterbringung in einer geschlossenen Box gestattet ist, ist stets eine Einzelfallentscheidung.

 


 

Iris Blitz

Iris  Blitz
Hundetrainerin
Lebt heute mit Australian Shepherd Oskar und drei arbeitenden Pyrenäenberghunden auf einem Kastanienhof in Südfrankreich.
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