Kooperatives Jagen – Benennen von Auslösern/ Verhalten

Anmerkung: „Kooperatives Jagen“ ist nicht der Name einer Methode oder eines Programms oder einer Hundeschule oder Ausbildungsrichtung oder oder oder. Es ist einfach tatsächlich nur der Titel für den Artikel ? ! Die Werkzeuge dazu habe ich während meiner Ausbildung bei Dr. Ute Blaschke-Berthold erlernt.

Auch ist das Benennen von Auslösern und Verhalten nicht das einizige Element im Training. Bedürfnisliste, Rückruf, Stoppsignal etc. gehören ebenso dazu!

Ich werde diesen Artikel nutzen, um ab und an unseren Trainingsstand zu dokumentieren. Somit findet ihr am Ende immer unser aktuellstes Video.

Als ich mich im Mai letzten Jahres dazu entschlossen hatte, mein Leben mit einem Rhodesian Ridgeback zu teilen, habe ich auch gleichzeitig deutlich JA zu einem Jäger gesagt. Zuki ist der vierte Ridgeträger in unserer Familie. Mara und Tali hatten/ haben viel jagdliches Talent, Shiwa war eher wie Zara veranlagt und konnte mit Wild nicht so viel anfangen.

Der Jagdhund

Mit Zuki’s ca. 5. Lebensmonat war zu sehen, dass Hasen ihr Gehirn in besonderer Weise anfunken, ab dem 8. Lebensmonat waren die Rehe im Wald recht plötzlich ganz andere Tiere als vorher. Stünde Zuki vor der Entscheidung, ob sie lieber einem Hasen oder Reh hinter her dürfte, würde sie sich immer noch für den Hasen entscheiden. Prima sind sie aber alle beide? .

Zuki hat sich das Leben an meiner Seite nicht ausgesucht. Sie hat es sich auch nicht ausgesucht, in den Wald gekarrt zu werden, um dann dem Wild n i c h t hinterher laufen zu können. Das, was für uns Menschen so einfach ist – bei Sichtung von Wild stehen zu bleiben und sich am Anblick zu erfreuen – ist für Zuki Schwerstarbeit!

Ich mag es, Hunde zu beobachten, wenn sie ihre Sinne auf volle Leistung bringen und in ihre Welt abtauchen. Mit einem Jäger an seiner Seite wird im Wald so vieles sichtbar!

Kooperationskurs

Da ich ihr das Jagdverhalten nicht aberziehen kann – es steckt unweigerlich in ihren Genen – , versuche ich mich in ihre Welt einzubringen. In dem Moment, wo ich mich mit ihr auf Kooperationskurs befinde, habe ich Einfluß auf ihr jagdliches Talent und kann es kontrollieren.

Jagdverhalten besteht aus mehreren Sequenzen/ Bewegungsmustern:

  • Orientieren – War da was? Wo ist es?
  • Fixieren – Da ist es!
  • Beschleichen
  • Hetzen
  • Packen – die Beute wird gepackt und gehalten
  • Töten – die Beute wird getötet
  • Zerlegen/ Fressen

Nicht alle Hund zeigen alle Sequenzen und nicht alle Hunde zeigen alle Sequenzen gleich ausgeprägt. Zuki beispielsweise springt schnell vom Orientieren ins Hetzen. Wenn sie könnte, wie sie wollte, liegt zwischen dem Wahrnehmen eines Auslösers und dem Hetzen nur Bruchteile von Sekunden.

Ich brauche jedoch mehr Zeit, bis mein Gehirn adäquat reagieren kann! Also versuche ich über das Training, die Sequenz „Fixieren“ zu verstärken. Wenn Zuki einen Auslöser länger anschaut bevor sie durchstartet, habe ich mehr Zeit um mich in das Geschehen einzubringen.

Auch für den Hund macht es einen großen Unterschied, ob er freiwillig ein anderes Verhalten anbietet, oder ob ich ihm sage, beim Anblick von Rehen mache ein Sitz oder ähnliches.

Da das Fixieren genetisch verankert ist, ist das Auslebendürfen dessen belohnend. Keine Frage, Hetzen wäre belohnender, aber da liegt es an mir, ihr Belohnungen zukommen zu lassen, die zu ihrer Motivation passen. Unsere Belohnungsliste ist lang. Ich hab sie in diese Situation gebracht, also ist es auch meine Aufgabe, ihr das Leben auch in dem Gebiet so angenehm und befriedigend wie möglich zu gestalten.

Manche Hütehundhalter trainieren mit ihren Hunden an Schafen. Unsere Jäger haben da echt die Po-Karte gezogen… ich kann meiner Zaubermaus keinen „Rehpark“ bieten und möchte aus ethischen Gründen da auch gar nicht weiter drüber nachdenken. Aber wenn wir in den Lebensraum des Wildes eindringen, versuche ich Kontakte für beide Seiten so gut wie möglich zu händeln.

Benennen von Auslösern/ Verhalten

Benenne ich Auslöser wie Rehe und Hasen, habe ich drei Nüsse mit einem Knacker geöffnet:

1. Belohnung

Dadurch, dass die Tiere einen Namen bekommen, kann ich das Gucken von diesen Tieren als Belohnung einsetzen.

Beispiel:

Ich habe die Rehe vor Zuki gesehen (kommt bei Jagdhundehaltern durchaus häufiger vor, denn auch unsere Augen werden sehr geschult). Dann kann ich ein Verhalten abfragen wie Sitzen, Hinlegen, Handtouch, eine Strecke an der Seite laufen oder irgendwas und dann nach dem Marker die Belohnung geben „Wo sind die Bambis?“. Das Suchen, das Orientieren nach einem Auslöser – und ich sage ihr sogar noch, was sie such kann – ist sehr belohnend und in so einer Situation mehr wert als ein Leckerchen. Und ich muss keine große Sorge haben dass, wenn sie den Auslöser gefunden hat, durchstartet denn…

2. Stehenbleiben und Fixieren

…der Name ist gleichzeitig mit einem Stehenbleiben und Fixieren von mir verstärkt worden!

3. Verhalten abfragen

Sollte Zuki eine Bewegung im Wald wahrgenommen haben und es durchzuckt sie, dann kann ich sie mit „BAMBI“ ins Stehenbleiben und Fixieren bringen. Es wird zu einem Lauerspiel.

Nebeneffekt:

Findet Zuki im Wald Rehe, zeigt sie mir diese häufig deutlich an. Die Phase zwischen Wahrnehmen und Lossprinten hat sich deutlichst verlängert und ich habe die Zeit, die ich brauche, um mich mit einzubringen.

Und ich kann sie fragen „Wo sind die Bambis?“ und findet sie nichts, kann die Leine ab? !

Es versteht sich von selbst, dass Zuki in wildreichen Gebieten über eine Leine gesichert ist, solange das Verhalten für mich noch nicht sicher genug gezeigt wird. In vielen Gebieten ist eh Leinenpflicht. Und für den Fall der Fälle sind ihr Rückruf ziemlich gut.

Trainingsausschnitt und Verstärker

Da die Situationen im Wald nicht geplant auftreten, ist es mit Videos teils recht schwer. Aber heute hatte ich Glück und ich hab euch mal die Phase des Benennens aufgenommen. Meine Belohnungen nach ihrer Umorientierung hätten schöner ausfallen können, aber mit Kamera vor dem Auge ist es leider immer ein Kompromis – meist zu Ungunsten von Zuki.

Beim Benennen startet man natürlich nicht am schnell flüchtendem Wild, sondern wählt eine Distanz, wo der Hund noch eine Chance hat, stehenbleiben zu können!

Bei der Benennung folgt nach dem Marker verbales Lob zur Unterstützung. Die eigentliche Belohnung ist das Weiterguckendürfen! Wichtig! Kann der Hund sich vom Auslöser lösen, sollte eine Belohnung folgen, die dem aktuellen Bedürfnis des Hundes entspricht – z.B. ein kleines Rennspiel, ein Felli an Schnur oder ein Flugkeks!

Diese Form des Impulskontroll-Trainings direkt am Auslöser bei Jagdverhalten empfinde ich effektiver als das Trainieren beispielsweise an einer Reizangel.

2008 war mein erstes Cumcane-Seminar bei Ute; Thema: „Aufmerksamkeit und Jagdverhalten“. Alles ganz weit weg von einem „Anti“-Jagdtraining und Strafen von Jagdverhalten. Dieses Seminar war ein großes Geschenk für mich und die Hundekinder!

Nachtrag: Mit „Anti“-Jagdtraining meine ich nicht das Training von Pia Gröning, welches unter dem Namen „Antijagdtraining“ läuft? !!!

Update vom 15.03.14

Update vom 15.04.2014

Update vom 31.05.2014

Hasen sind für Zuki sehr starke Auslöser. Im Gegensatz zu Kaninchen, die sich zügig in „Luft auflösen“ wenn man näher kommt, ganz ähnlich den Vögeln, flitzen Hasen sehr lange und sind somit seehr lange im Sichtfeld.

Unser Trainingsstand mit Hasen ist nicht sehr weit, da wir viel zu wenige treffen. Zudem lassen die Hasen einen häufig sehr nahe herankommen, bis sie blitzeflink aus ihren Sassen sprinten. Diese schnelle Bewegung aktiviert Zuki sofort.

In diesen Fällen bleibt bei unserem derzeitigen Trainingsstand (und/ oder):

  1. Sicherung in Hasengebieten durch die Schlepp
  2. Stoppsignal
  3. Rückruf
  4. Zuki startet, wird langsamer und kommt ins Scannen

Die Situation wie hier im Video ist sehr selten. Es wäre eine schöne Möglichkeit gewesen, um Hasen zu benennen, aber dafür hab ich daran gedacht, das Handy aus der Tasche zu kramen.

Konnte Zuki die Hasen vorher Scannen, ist es für sie deutlich einfacher zu ertragen, wenn sie losflitzen.

Update 28.7.2014:

Update 15.02.2015

Mittlerweile ist Zuki ziemlich sicher geworden, was das Anzeigen und Stehenbleiben am Wild angeht. So können wir bauen unser Projekt Freilauf immer weiter ausbauen? !

Tali, Zuki und das springende Reh:

Aktuelle Artikel – ein Jahr später:

https://umtali.wordpress.com/2015/03/11/nutzliches-aus-dem-alltag-eigenstandiges-stoppen-bei-fluchtendem-wild/

https://umtali.wordpress.com/2015/03/20/scannen-und-ruckspursuche-training-am-jagdverhalten/

 


 

Nicole Dumke

Nicole Dumke ist seit 2012 Trainerin im CumCane-Netzwerk, zertifiziert von der Tierärztekammer Schleswig-Holstein und Inhaberin der mobilen Hundeschule INUTO in Pinneberg. Sie ist dem Trainer-Netzwerk von „Trainieren statt dominieren“ angeschlossen. Privat begleiten sie die beiden Rhodesian Ridgebacks Zuki und Tali.

Seit 1997 lebt Nicole mit Hunden zusammen. Bis 2008 basierte ihr Training auf Rangreduktion und Strafen. Dabei durfte sie miterleben, wie sich dadurch das Verhalten ihrer Hunde und das gegenseitige Vertrauen massiv verschlechterten. 2008 traf Nicole auf CumCane und Dr. Ute Blaschke-Berthold. Ein Treffen, das sie sehr zum Umdenken bewegte und anregte. 2011 startete sie dort ihre Ausbildung.


Im Training legt Nicole viel Wert auf die Bedürfnisse der Mensch-Hund-Teams, auf eine entspannte Lernatmosphäre und auf einen achtsamen, gewaltfreien und fairen Umgang miteinander.